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07.09.2018

Standesrecht ins 21. Jahrhundert holen

Im Grunde genommen ist etwas ganz Normales passiert. Jemand hat einen bestimmten Berufsweg eingeschlagen und dann beginnen ihn andere Themen zu interessieren und er schlägt einen neuen Weg ein. Doch bei Anwälten ist manches eben anders, denn vieles ist dort aus guten Gründen im Standesrecht geregelt. 

In diesem Fall kam es zu einem langwierigen Prozess. Die Geschichte geht ungefähr so: Zwei Anwälte arbeiten erfolgreich in einer Kanzlei zusammen. Dann macht der eine eine Ausbildung zum Mediator und findet so sehr gefallen daran, dass er auf unbestimmte Zeit seine Zulassung zurückgeben und als Mediator und Berufsbetreuer arbeiten will. Später will er dann für die Bundesanstalt Migration und Flüchtlinge arbeiten. Beide Anwälte würden gerne weiter ihr gemeinsames Büro betreiben. Sie bitten also ihre Anwaltskammer um eine Einschätzung: Können wir uns weiterhin ein Büro teilen? Denn an ihrem Alltag würde sich praktisch nichts ändern. Nur würden jetzt nicht zwei Anwälte sich ein Büro teilen, sondern ein Anwalt mit einem Mediator. Die Kammer sagt: Nein, das geht nicht und beruft sich auf das Berufsrecht. 

Doch genau dieses Berufsrecht sieht der Anwalt als überholt an. Im Deutschen Anwaltsblatt vom August/September d.J. sagt er: "Wir sind mobil, dienstleistungsorientiert, auf dem neuesten Stand, aber tun so, als wären wir mitten in den Achtzigern." Der Anwalt klagt und geht bis zum Anwaltssenat des BGH und - verliert. Der Senat verweist auf den Status als Geheimnisträger verwiesen, das besondere Anforderungen für Anwälte rechtfertige (BGH, AnwBl 2018, 297)

Dem gegenüber steht eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das erst kürzlich erlaubt hat, dass Rechtsanwälte mit Apothekern und Ärzten gemeinsam arbeiten dürfen. Insbesondere hoben die Richter hier hervor, dass "die Nachfrage nach dominierten interprofessionellen Dienstleistungen wächst"!

Für die Richter des Bundesverfassungsgerichts seht ausser Frage, dass die Komplexität unserer modernen Welt es erfordert, dass verschiedene Professionen zusammen arbeiten. Fast alle Fragen unserer Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse sind nicht mehr ohne den Sachverstand und die Fachexpertise aus anderen Berufen ausreichend zu beantworten. Was also in der Wirtschaft bereits Praxis ist, führt also ganz allmählich auch zu einer Anpassung der Rechts- und vor allem Berufsauffassung der Juristen.

Unser Anwalt fühlt sich durch die Niederlage nicht entmutigt. Die Entscheidung ist eng auf diesen sehr speziellen Einzelfall (Berufsbetreuer und Mediator) zugeschnitten. Er wird also weiter dafür kämpfen, dass auch Anwälte die Chance erhalten, sich modern und zeitgemäß aufzustellen und das bedeutet eben, dass sie mit Mediatoren auch in einem Büro zusammen arbeiten dürfen. Es ist wirklich schon überfällig, das Standesrecht von Anwälten und auch von Steuerberatern an die Bedingungen des 21. Jahrhunderts anzupassen. Sonst wird ein Recht, das einen Berufsstand schützen soll, zum Hemmschuh für notwendige Anpassungen im Berufsbild, die in der Praxis bereits begonnen haben.

Den ganzen Bericht zu diesem Fall können Sie nachlesen in: Anwaltsblatt des Deutschen Anwaltsvereins, Ausgabe 8+9/2018. Der Artikel ist von dem freien Journalisten Jochen Brenner, S.455-

Tags: News  

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